Gedenkzeremonie für KyuSei –
Ein stiller Abschied auf der Himmelswiese

Am Sonntag, den 2. November 2025 endete unser Zen-Sesshin im YAMAKAI-Zendo mit einer tief bewegenden Gedenkzeremonie für unseren Lehrer KyuSei.
Viele Weggefährten, Schüler und Freunde kamen in den Kamper Wald, um gemeinsam Abschied zu nehmen – nicht nur von einem Menschen, sondern von einem Geist, der uns geprägt hat.
Auf der Himmelswiese, wo KyuSei einst mit JakuDo seinen Bogen spannte, versammelten wir uns unter dem weiten Himmel, den er so liebte. Die Berge zu beiden Seiten des Rheins und das offene Tal erinnerten uns an seine Faszination für die Weite – außen wie innen.
Sein Sohn ShinGen empfing die Gäste mit sehr einfühlsamen Worten. Mit ruhiger Stimme und offenem Herzen sprach er über die Bedeutung seines Vaters, über dessen Weg und Wirken, und über die Spuren, die KyuSei in den Herzen vieler hinterlassen hat. Er bedankte sich bei allen für ihr Kommen – für die Zeit, die sie sich nahmen, für die Erinnerungen, die sie teilten, und für die Stille, die sie gemeinsam hielten.
Auch KyuSeis Frau GenKi war anwesend, was die Gäste tief berührte und erfreute. Ihre stille Präsenz erinnerte viele an die gemeinsamen Jahre mit KyuSei – an die Wärme, die sie als Paar ausstrahlten, und an die Kraft ihrer gemeinsamen Praxis. Es war ein Zeichen der Verbundenheit, das weit über Worte hinausging.
Ein besonders bewegender Beitrag kam von SeiOn, die ein Gedicht von Hermann Hesse vortrug. „Uralte Buddha-Figur in einer japanischen Waldschlucht verwitternd“
Ihre klare, ruhige Stimme trug die Worte über den Wald, hinein in die Herzen der Anwesenden. Das Gedicht – durchdrungen von Hesses tiefer Lebensweisheit und seiner Liebe zur Stille – schien wie geschaffen für diesen Anlass. Es war, als würde die Poesie selbst einen Bogen schlagen zwischen dem Sichtbaren und dem Unsichtbaren, zwischen Abschied und Weitergehen.
Auch MinGen hat einen sehr schönen und passenden Text vorgetragen, der zum Ausdruck brachte, dass das Leben „weitergeht“. Ihre Worte waren getragen von Wärme und Zuversicht, und sie erinnerten daran, dass jeder Abschied zugleich ein Anfang ist. Inmitten der Trauer und des Gedenkens öffnete sich ein Raum für Hoffnung – für das Weiterwirken von KyuSeis Geist in unserer Praxis, in unserem Alltag, in unserem Miteinander.
In einem Moment tiefer Symbolik schoss JakuDo drei Pfeile in den Himmel. Jeder Pfeil ein stiller Gruß, ein Ausdruck von Dank, ein Zeichen der Verbundenheit. Danach verneigte er sich ein letztes Mal tief vor seinem Lehrer – ein Akt der Hingabe, der Respekt und Liebe vereinte.
Die Zeremonie war geprägt von Stille, Achtsamkeit und tiefer Verbundenheit. Während der Wind durch die Bäume strich und das Licht sanft über die Himmelswiese wanderte, entstand ein Raum, in dem Erinnerung und Gegenwart miteinander verschmolzen. Jeder Blick, jede Geste, jedes Schweigen war Teil eines gemeinsamen Abschieds, getragen von Respekt und Dankbarkeit.
Zum Abschluss der Zeremonie rezitierten die Anwesenden gemeinsam das Herz-Sutra, das Maka Hannya Haramita – ein kraftvoller Ausdruck der tiefen Weisheit, die Leerheit und Mitgefühl verbindet. Selbstverständlich folgte auch das Tisarana, die dreifache Zufluchtnahme zu Buddha, Dharma und Sangha – ein Bekenntnis zur Praxis, zur Lehre und zur Gemeinschaft, das in seiner Schlichtheit und Tiefe berührte.
Im Anschluss fanden sich alle im YAMAKAI-Zendo bei Jakudo und Evelyn ein. Dort erwartete die Gäste eine wohltuende, warme Suppe, die Körper und Herz gleichermaßen nährte. Später gab es Kaffee und Kuchen – und vor allem viele schöne Gespräche. Erinnerungen wurden geteilt, Geschichten erzählt, und das gemeinsame Lachen mischte sich mit der stillen Dankbarkeit, die diesen Tag durchzog.
So klang der Tag in einer Atmosphäre von Wärme, Gemeinschaft und innerer Verbundenheit aus – ein würdiger Abschluss für eine Zeremonie, die weit über Worte hinauswirkte.







MinGen:
Text von Eckhardt Tolle
Der Tod und das Unvergängliche
Wenn du durch einen Wald gehst, der noch nicht von Menschenhand berührt und gezähmt worden ist, nimmst du eine Fülle von Leben um dich her wahr, aber auch auf Schritt und Tritt umgestürzte Bäume, welkes Laub und anderes, was gerade verrottet. Leben und Tod, wohin du schaust.
Bei näherer Betrachtung entdeckst du jedoch, dass der morsche Baumstamm und die modernden Blätter nicht nur neues Leben hervorbringen, sondern dass sie selbst voller Leben sind. Mikroorganismen sind am Werk. Moleküle ordnen sich wieder neu. Es ist also nirgendwo Tod zu finden, nur die Metamorphose von Lebensformen. Was können wir daraus lernen?
Tod ist nicht das Gegenteil von Leben. Leben hat kein Gegenteil.
Das Gegenteil von Tod ist Geburt. Leben ist unvergänglich.
